
Gerade weil uns im Alltag die Aufgaben zu erschlagen drohen und die Hektik oft Oberhand gewinnt, widmen wir uns heute einem Thema, das dabei helfen kann, die Pflege für alle Beteiligten wertvoller zu machen: Personzentrierung.
Dabei ist das Thema wahrlich kein neues und doch lohnt es sich, jede einzelne Person in unserem Arbeitsalltag fokussiert als Individuum zu betrachten. So sieht Brendan McCormack die Chance der personzentrierten Pflege in einer Beziehung auf Augenhöhe und benennt insbesondere Autonomie, Würde und Respekt als Eckpfeiler dieser Pflegeform. Er schreibt hierzu: „Pflege- und Betreuungspraktiken, die von den Grundsätzen der Autonomie, des Bürgerrechts, der Würde und des Respekts (die auch den Grundsätzen der personzentrierten Pflege zugrunde liegen) geprägt sind und die ihnen zugrunde liegen, sind von zentraler Bedeutung für die Weiterentwicklung von Pflege und Betreuung in Pflegeheimen.“
Dabei konzentriert sich eine „… personzentrierte Kultur (…) auf die Maximierung des Potenzials aller Menschen, indem sie die Person (und nicht ihre Krankheit, Symptome oder ihren Zustand) in den Vordergrund und ins Zentrum der Entscheidungsfindung stellt. Sie stellt sicher, dass der Fokus fest darauf ausgerichtet ist, dass sich alle Menschen entfalten können – einschließlich des Pflegepersonals, das in Diskussionen über personzentrierte Pflege oft nicht beachtet wird.“ Es stehen somit also alle am Pflegeprozess beteiligten Personen im Fokus und für jede Person ist zu gewährleisten, dass Vertrauen und Verständnis die Beziehung prägen.
Unsere Artikel zielen dabei auf verschiedene Settings ab und betrachten je unterschiedlich handelnde Personenkreise:
- So wird im Interview mit Gerda Graf von Dr. Heike Baranzke, Dr. Helen Güther und Heike Kautz herausgearbeitet, dass konsequent gelebte Personzentrierung im Rahmen einer präventiven und interprofessionellen Pflegevisite einen wirklichen Wandel in einer Einrichtung bewirken kann.
- Anja Trojan und Michele Tarquinio beschreiben Shared Governance als ein Organisationsmodell, ja, sogar als notwendigen Motor, um Personzentrierung im Krankenhausalltag strukturell zu verankern und wirksam umzusetzen.
- „Kernaufgabe des Klinik- und Pflegemanagements ist es, eine Kultur zu schaffen und zu pflegen, in der alle Mitarbeitenden Respekt und Wertschätzung erfahren, da dies die Grundlage für eine hohe Arbeitszufriedenheit und Bindung darstellt“, so schildert Sabine Brase die inhaltliche Ausrichtung des Positiv Leadership.
- Eine neue Ebene der persönlichen Wertschätzung als Teil der Unternehmenskultur erzielt Carsten Wöhler in seinen Einrichtungen durch das personzentrierte Onboarding neuer Mitarbeitender.
- Ein neues Leitbild zu entwickeln ist keine Chefsache, sondern im Sinne einer personzentrierten Pflege Aufgabe aller Mitarbeitenden. Nur so können Kultur und Alltag sinnhaft verändert werden. Darüber informiert das Interview, das Ulrike Lerchner-Arnold mit Thorsten Hitzel und Marianne Dahinten von der Martin-Luther-Stiftung Hanau führt.
- Dass die kulturelle Einbindung eine wesentliche Rolle für eine gelingende personzentrierte Pflege spielt, erläutert Siegfried Huhn.
- Kerstin Geis und ihre Mitstreiterinnen stellen ihr personorientiertes Traineeprogramm des internistischen Intensivzentrums des Universitätsklinikums Heidelberg vor, das dazu verhilft, Nachwuchs zu fördern und langfristig zu binden.
- Prof. Dr. Michael Schilder stellt uns die Kernelemente und Implikationen für die Praxisentwicklung nach dem Person-centred Practice und Nursing Framework von McCormack & McCance vor. Einem Modell, dessen Umsetzung – neben der Personzentrierung – zu einer höheren Teameffektivität, einer besseren Arbeitsmoral der Mitarbeiter:innen, einer höheren Arbeitszufriedenheit und einer besseren Mitarbeiterbindung führen kann.
- Wie eine Pflegebeziehung nachhaltig beschädigt werden kann, wenn Personzentrierung und Wahrnehmung nicht stattfinden, stellt Helgard Kündiger in einem Interview mit einer betroffenen Angehörigen dar.
- Dr. Andrea Kuckert beschreibt ethische Dilemmata in der Beziehungsgestaltung im Rahmen einer Teilöffnung einer gerontopsychiatrischen Akutstation.
- Helgard Kündiger schildert ihre persönlichen Erfahrungen während einer Rehamaßnahme und kommt zu dem Ergebnis, sich aufgrund komplett fehlender Personzentrierung durch Selbstfürsorge schützen zu müssen.
- Im MITTENDRIN trägt Cornelia Coenen-Marx viele Aspekte zusammen, die bewirken, dass Pflegende heute massiv unter Druck geraten und hierbei die Zentrierung an den Personen verloren gehen kann.
Wie immer hoffe ich, dass der eine oder andere Text neue Impulse für das tägliche Handeln bringt.
Beim Lesen wünscht Ihnen viel Spaß,
Ihre Katharina Jost
